Vegane Streichinstrumente- vegane Geigen
Das ist ein Thema, was im Geigenbau nur selten diskutiert wird, mich aber schon seit längerem beschäftigt.
Seit Beginn des Geigenbaus wird traditionell Haut- bzw. Knochenleim verwendet. Dies hat sich bis heute gehalten. Dieser Warmleim, der heute vor allem aus Knochen, Häuten und Knorpel von Tieren aus Massentierhaltung hergestellt wird, lässt sich im Gegensatz zu chemischen Klebstoffen mit warmem Wasser wieder vollständig lösen und überträgt die Schwingungen sehr gut. Da unsere Instrumente aus sehr dünnem Holz bestehen und ohne Probleme mehrere Hundert Jahre lang gespielt werden können, ist dies nicht zu unterschätzen. Viele Geigenbauer verdienen ihr Geld ausschließlich mit dem Reparieren von Streichinstrumenten. Bei vielen größeren Reparaturen muss zumindest die Decke abgenommen werden. Wurde Weißleim verwendet, reißt in der Regel das Holz ein. Danach kann man den Leim nicht einfach abwaschen, sondern man muss versuchen, abzukratzen oder zu hobeln. An den Rückständen hält der neue Leim dann nicht mehr richtig. Manche chemische Klebstoffe sind wasserlöslich, lassen sich aber dennoch nicht schadensarm lösen. Oftmals härten sie nicht weit genug aus und dämpfen damit den Klang.
Was spricht also gegen den traditionellen Warmleim?
Meiner Ansicht nach gibt es ein ausschlaggebendes Argument: Emotionen, Schwingungen und Energie der Tiere übertragen sich. Feinfühlige Menschen (ist mir früher auch mal passiert) können z.B. beim Verzehr von Fleisch oder Fisch die Emotionen fühlen, die das Tier in den letzten Sekunden hatte. Die Wissenschaft sagt, dass man im Fleisch nachweisen kann, ob das Tier gelitten hat. Dies wird auch netterweise „Stressfleisch“ genannt, um niemandem den Appetit zu verderben. Ich möchte hier keine Diskussion über Tiermoral beginnen, dafür gibt es andere Stellen. Nur soviel: Wir sind verantwortlich für unser Handeln und sollten uns gut überlegen, was wir tun, bevor wir ein Tier töten.
Die Vorstellung, ein sauberes, natürliches, individuelles Instrument zu bauen, was mit Leim aus toten Tieren zusammengehalten wird, ist für mich ziemlich makaber.
Also begann ich, selbst zu experimentieren. Ich verglich verschiedene vegane Leimrezepte in Zerreißtests mit dem Hautleim. Leider kam nicht eines davon auch nur ansatzweise an die Klebekraft des Hautleims heran. Für hochwertige Instrumente musste ich aber einen mindestens gleichwertigen Leim finden. Nach etwa einem Jahr und hunderten Tests hatte ich zum ersten Mal ein Rezept gefunden, was die Klebekraft von Glutinleim erreichte und dabei vegan, ungiftig (genaugenommen essbar) ist und keine Kunststoffe enthält. Dieser Leim ist dem Hautleim von der Klebekraft her ebenbürtig, hat eine helle Farbe und trocknet innerhalb eines Tages.
Auch wenn die Arbeit mit meiner Mixtur etwas länger dauert als mit Knochenleim, bin ich sehr glücklich darüber, nun wirklich saubere Instrumente anbieten zu können.
Im Moment läuft noch der Langzeit Praxistest. Bis dieser abgeschlossen ist werde ich noch keine veganen Aufträge mit diesem veganen Leim ausführen. Vegane Instrumente müssen bis dahin mit Weißleim gefertigt werden, so, wie es manche meiner Kollegen machen.